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Kassenführung als Prüfungsschwerpunkt bei Außenprüfungen (Teil 1)

Gerald Schwamberger, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Göttingen

In der praktischen Steuerberatung erlebt man in den letzten Jahren bei der Durchführung von Außenprüfungen, aber auch bei Umsatzsteuer-Sonderprüfungen, insbesondere bei Kleinst- und Kleinunternehmen, eine rege Prüfungstätigkeit der Finanzbehörden. Insbesondere solche Branchen wie Friseure, Hotels und Gaststätten, Taxi- und Einzelhandelsunternehmen werden nahezu anschlussgeprüft. Damit diese Prüfungen reibungslos und ohne Beanstandungen erfolgen, gibt es einiges zu beachten.

Grundlagen

Im Rahmen der Prüfungen wird besonderer Wert auf die „Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme“ (GoBS) gemäß BMF-Schreiben vom 7.11.95 gelegt. Bei der Betreuung der Außenprüfungen bei den Mandanten durch den Steuerberater ergeben sich häufig Auseinandersetzungen mit den Betriebsprüfern über die Frage, ob unter Voraussetzung der Verwaltungsanweisungen eine ordnungsmäßige Kassenführung des Mandanten vorliegt. In vielen Fällen werden von den Vertretern der Finanzbehörden die Verwaltungsanweisungen, insbesondere des BMF, als unumstößlich und wie gesetzliche Vorschriften behandelt.

Mit dem BMF-Schreiben vom 14.11.14 (BStBl I, 1450) werden die Voraussetzungen für die Grundsätze ordnungsmäßiger Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) vom BMF festgelegt.

Kassenführungssysteme

In den verschiedenen Branchen sind unterschiedlichste Systeme im Einsatz, die die Ermittlung der täglichen Bargeldeinnahmen sicherstellen und ausweisen. Soweit elektronische Kassensysteme im Einsatz sind, ist in der Vergangenheit von den Finanzbehörden die Manipulation der erfassten Daten unterstellt worden, weil dies in einzelnen Fällen nachgewiesen werden konnte.

Hieraus resultiert offenbar eine Reihe von Verwaltungsanweisungen, die insbesondere den Einsatz der elektronischen Geräte betreffen, so z.B. das BMF-Schreiben vom 7.11.95 (BStBl I, 738), BMF-Schreiben vom 26.11.10 (BStBl I, 1342) und verschiedene andere Anwendungserlasse zur AO 1977.

An Kassenführungssystemen unterscheidet die Finanzverwaltung PC-Kassen und elektronische Registrierkassen; bei Ermittlung der Bareinnahmen durch Zählen spricht die Finanzverwaltung vom Einsatz einer offenen Ladenkasse.

PC-Kassen

Die Finanzverwaltung geht aufgrund der BMF-Schreiben vom 7.11.95 und 16.7.01 davon aus, dass seit dem 1.1.02 Unterlagen i.S.d. § 147 Abs. 1 AO, die mithilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden sind, während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar, unverzüglich lesbar und maschinell auswertbar aufzubewahren sind. Danach soll die Feststellungslast beim Steuerpflichtigen liegen, wenn die mithilfe der elektronischen Geräte erstellten Unterlagen den GoBS und den GDPdU nicht entsprechen.

Es wird weiter darauf hingewiesen, dass ein ausschließliches Vorhalten aufbewahrungspflichtiger Unterlagen in ausgedruckter Form nicht ausreicht. Die im Gerät erstellten Daten müssen unveränderbar und maschinell auswertbar auf einem externen Datenträger gespeichert werden. Die Grundlagenaufzeichnungen zur Überprüfung der Bareinnahmen für jedes einzelne Gerät sind getrennt zu führen und aufzubewahren. Organisationsunterlagen, wie Bedienungsanleitung, Programmieranleitung und alle weiteren Anweisungen zur Programmierung, sind ebenfalls aufzubewahren.

Soweit PC-Kassen mit speziellen Branchenlösungen verbunden sind, wie z.B. bei Franchisenehmern mit elektronischer Versendung von Daten an den Franchisegeber oder in Verbindung mit einem PC-gestützten vor- oder nachgelagerten System, sog. Back-Office-Systemen, sind alle hierfür erforderlichen Daten zu speichern oder ggf. auf Datenträgern zu archivieren. Es besteht Einzeldatenaufzeichnungspflicht. Ihre Erfüllung muss im Rahmen einer Außenprüfung nachgewiesen werden.

Elektronische Registrierkassen

Hinsichtlich der Behandlung von elektronischen Registrierkassen hat das BMF-Schreiben vom 9.1.96 (BStBl I, 34) Regeln aufgestellt, die unter Bezugnahme auf § 147 Abs. 1 AO gelten sollen. Danach soll eine Aufbewahrung von Registrierkassenstreifen, Kassenzetteln, Bons und dergleichen (Kassenbelege) im Einzelfall nicht erforderlich sein, wenn der Zweck der Aufbewahrung in anderer Weise gesichert und die Gewähr der Vollständigkeit der vom Kassenbeleg übertragenen Aufzeichnungen nach den tatsächlichen Verhältnissen gegeben ist (R 29 Abs. 7 S. 4 EStR 1993). Danach sind hinsichtlich der Registrierkassenstreifen die Voraussetzungen regelmäßig erfüllt, wenn Tagesendsummen-Bons aufbewahrt werden, die die Gewähr der Vollständigkeit bieten und den Namen des Geschäfts, das Datum und die Tagesendsumme enthalten.

Die Gewähr der Vollständigkeit soll dann gegeben sein, wenn

  • die zur Kasse gehörenden Organisationsunterlagen, insbesondere die Bedienungsanleitung und die Programmieranleitung,
  • die Programmabrufe nach jeder Änderung (u.a. der Artikelpreise),
  • Protokolle über die Einrichtung von Verkäufer-, Kellner- und Trainingsspeichern
  • sowie alle weiteren Anweisungen zur Kassenprogrammierung (z.B. Anweisungen zum maschinellen Ausdrucken von Pro-forma-Rechnungen oder zum Unterdrücken von Daten und Speicherinhalten)

aufbewahrt werden.

Die Tagesendsummen-Bons mit Ausdruck des Nullstellungszählers (fortlaufende sog. „Z-Nummer“ zur Überprüfung der Vollständigkeit der Kassenberichte), der Stornobuchungen, Retouren, Einnahmen sowie der Zahlungswege (bar, Scheck, Kredit) und alle weiteren im Rahmen des Tagesabschlusses abgerufenen Ausdrucke der EDV-Registrierkasse sind im Belegzusammenhang mit dem Tagesendsummen-Bon aufzubewahren.

Festzustellen ist, dass im vorgenannten BMF-Schreiben § 147 Abs. 1 Nr. 1, 3, 4 AO zitiert wird, obwohl derartige Voraussetzungen nicht genannt sind. Dies ist eine Auslegung der Finanzverwaltung, die sicherlich praktische Erwägungen berücksichtigt, jedoch keinen Gesetzescharakter hat. Nach Tipke/Kruse, Tz. 12 zu § 147 geben die GoBS nur einen Rahmen für den Umfang der Dokumentationsunterlagen vor. Der Grundsatz der Nachprüfbarkeit erfordert Nachvollziehbarkeit des Verarbeitungsverfahrens und den Nachweis, dass das Verfahren entsprechend seiner Dokumentation durchgeführt worden ist. Wie die Nachvollziehbarkeit und der Nachweis dokumentiert werden, bleibt dem Steuerpflichtigen überlassen.

In den Verwaltungsanweisungen fehlen präzise Beschreibungen der Dokumentationsanforderungen, sodass der erforderliche Umfang der EDV-Dokumentation nur für den konkreten Einzelfall ermittelt werden kann – die hierfür ergangenen Verwaltungsanweisungen und die ergangene Rechtsprechung liefern nur Negativfälle ohne die Abgrenzung, wann eine Dokumentation noch ausreichend ist.

Offene Ladenkassen

Nach einem Informationsschreiben der Niedersächsischen Finanzverwaltung an Angehörige der steuerberatenden Berufe ist für die Führung einer offenen Ladenkasse ein „Tageskassenbericht“ handschriftlich auszufüllen. Die Ermittlung des Geldbestands am Ende des Tages soll im Tageskassenbericht durch ein sog. Zählprotokoll nachgewiesen werden, sodass der Tageskassenbericht der rechnerischen Ermittlung des Tagesumsatzes dient, der mit den Einzelaufzeichnungen übereinstimmen muss, soweit diese zusätzlich geführt werden.

Kassenbuch

Die Eintragung von Bareinnahmen und Barausgaben in ein in Listenform geführtes Kassenbuch erfüllt nur dann die Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung, wenn für alle Bareinnahmen und Barausgaben entsprechende Nachweise vorliegen. Das gilt auch dann, wenn täglich oder mit jeder Eintragung der Kassenbestand fortgeschrieben wird. Das FG Münster hat in seinem Urteil vom 26.7.12 (EFG 2012, 1982) Folgendes entschieden:

„Es ist nicht zu beanstanden, wenn Kasseneinnahmen täglich nur in einer Summe in ein Kassenbuch eingetragen werden. Das Zustandekommen dieser Summe muss aber durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel oder Bons oder aber die Einnahmen und Ausgaben anhand eines Kassenberichts nachgewiesen werden.“

Darüber hinaus können auch Einzelaufzeichnungen der Einnahmen, z.B. anhand von nummerierten Quittungsbelegen, nachgewiesen werden. Dies würde die Einzelaufzeichnungspflichten des Steuerpflichtigen erfüllen.

Diese Kassenbuchaufzeichnungen in handschriftlicher Form sind, wenn die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt werden, durchaus zulässig, wenn die Nachweisbarkeit aller Einnahmen und Ausgaben gewährleistet ist.

Sonstige Kassenaufzeichnungen

Besonderen Wert legt die Verwaltung darauf, dass Kassenaufzeichnungen unveränderbar sind oder dass, wenn sie verändert werden, dokumentiert wird, welche Änderungen in welcher Form und in welcher Höhe vorgenommen wurden. Dies bedeutet für elektronische Kassenprogramme, die über Laptop oder PC geführt werden, dass eine Unveränderbarkeit der für den jeweiligen Tag abgeschlossenen Daten im Programm gewährleistet sein muss. Nachträgliche Änderungen sind in der Regel möglich, allerdings müssen sie vom Programm so dargestellt werden, dass nachvollziehbar ist, welche Änderungen vorgenommen wurden. Eine Abstimmung des sich rechnerisch ergebenden Kassenbestands mit dem tatsächlichen Kassenbestand ist jedoch unabdingbar.

Nicht zu empfehlen sind Kassenführungen über elektronische Programme wie Excel oder sonstige Rechenprogramme, bei denen jederzeit auch nachträglich Änderungen vorgenommen werden können, ohne dass dies dokumentiert wird. So ist entgegen den obigen Ausführungen zur offenen Ladenkasse die Ermittlung des Tagesendbestands, der Tageseinnahmen und Tagesausgaben über einen Tageskassenbericht, der mit dem Programm Excel o.Ä. erstellt wird, nicht ordnungsmäßig. Auch fortlaufende Kassenbuchaufzeichnungen über elektronische Programme, die Änderungen der eingegebenen Beträge jederzeit zulassen, sind nicht ordnungsgemäß.