­

Plausibilitätsprüfungen von Jahresabschlüssen – So rechnen Sie richtig ab

Gerald Schwamberger, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Göttingen

Bei der Erstellung von Jahresabschlüssen müssen Steuerberater seit nunmehr mehr als 5 Jahren auf die Anforderungen der Kreditinstitute nach Basel II und § 18 KWG Rücksicht nehmen. Hierzu gehört auch, den Mandanten so zu beraten, dass er aufgrund der erstellten Jahresabschlüsse bei den Kreditinstituten eine günstige Beurteilung des Unternehmens und ein entsprechendes Rating erhält. Ob freiwillig oder aufgrund von Auflagen der Kreditinstitute - in vielen Fällen sind Steuerberater gezwungen Jahresabschlüsse mit Plausibilitätsbeurteilungen zu erstellen. Das schafft zwar erhebliche Mehrarbeit, aber auch das Gebührenpotenzial ist nicht zu verachten. Welche Gebühren der Steuerberater für diese Tätigkeiten abrechnen kann, wird im folgenden Beitrag anhand von zahlreichen Praxisbeispielen dargestellt.

1. Grundlagen

Wichtig ist, dass die Erstellung des Jahresabschlusses u. a. zur Vorlage beim Finanzamt und als Anlage zu den Steuererklärungen ein Auftrag und die Durchführung der Plausibilitätsbeurteilungen ein weiterer Auftrag ist. Wie ein rechtssicherer Auftrag aussehen kann, zeigen wir Ihnen in unserem kostenlosen Online-Service für Abonnenten unter www.iww.de.

Die Plausibilitätsbeurteilung bedarf einer mehr oder weniger umfassenden Prüfung der Buchführung und des Jahresabschlusses des Mandanten für das jeweilige Wirtschaftsjahr. Wenn für das Mandantenunternehmen eine Pflichtprüfung im Sinne der §§ 315 ff. HGB durchzuführen ist, entfallen Plausibilitätsbeurteilungen, weil im Rahmen der Pflichtprüfung handelsrechtliche Prüfungen durchgeführt werden.

Abweichend von den Vorschriften des § 319 HGB kann bei einer Plausibilitätsbeurteilung der Steuerberater die Prüfungshandlungen durchführen, auch wenn er die Buchführung und den Jahresabschluss erstellt hat. Die Bundessteuerberaterkammer hat mit ihrer Verlautbarung 3.1.1, die im berufsrechtlichen Handbuch jedem Steuerberater zur Verfügung steht, die Grundsätze für die Erstellung von Jahresabschlüssen durch Steuerberater dargestellt. Für Wirtschaftsprüfer gilt das HFA Gutachten 4/1996 „Grundsätze für die Erstellung von Jahresabschlüssen durch Wirtschaftsprüfer" laut Stand vom 6.9.2006. In beiden Verlautbarungen werden für die jeweiligen Berufsangehörigen Grundsätze auch für die Durchführung von Plausibilitätsbeurteilungen beschrieben.

Hinsichtlich der Prüfungsdurchführung sind Wirtschaftsprüfer an die Ausführungen in HFA 4/1996 gebunden, während Steuerberater analog dieser Stellungnahme handeln können. Da Jahresabschlüsse mit Plausibilitätsbeurteilungen von Kreditinstituten als Grundlage für Kreditvergaben angesehen werden, besteht hierin ein hohes Risiko für den Steuerberater. Daher sollten die im HFA 4/1996 vorgegebenen Durchführungsrichtlinien auch von Steuerberatern beachtet werden, weil im Schadensfall der Nachweis erforderlich ist, dass eine ordnungsgemäße Durchführung der Plausibilitätsbeurteilungen stattgefunden hat. Ohne entsprechende Dokumentationen sind Prüfungshandlungen und Strategie der Durchführung kaum nachweisbar.

Besonders im Vordergrund stehen die Bescheinigungen, die Steuerberater und Wirtschaftsprüfer den Jahresabschlüssen mit Plausibilitätsbeurteilung erteilen. Zwar weichen die Formulierungen der Verlautbarungen der Bundessteuerberaterkammer von denen des IDW ab, allerdings sind die Aussagen der Bescheinigungstexte nahezu identisch. Der Steuerberater hat danach unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten zu unterscheiden, welche Bescheinigung er aufgrund der von ihm durchgeführten Prüfungshandlungen erteilen will (s. auch Schwamberger, KP 02, 157).

2. Gebührenberechnung

Soweit die Plausibilitätsbeurteilung für steuerliche Zwecke durchgeführt werden muss, erfolgt die Abrechnung gemäß § 36 StBGebV. Die Prüfung einer Buchführung, einzelner Konten, einzelner Posten des Jahresabschlusses oder eines Inventars ist - soweit sie für steuerliche Zwecke erfolgt - gemäß § 36 Abs. 1 StBGebV mit der Zeitgebühr nach § 13 StBGebV abzurechnen.

Hinweis: Wurde die Buchführung vom Steuerberater selbst erstellt, ist die Prüfung der Buchführung ausgeschlossen (s. a. Kommentar zur StBGebV, Die Gebühren der steuerberatenden Berufe, Meyer/Goez, Rz. 3 a zu § 36StBGebV).

Beispiel 1

Der Mandant A übergibt eine Buchführung und den Entwurf eines Jahresabschlusses, den sein Buchhalter erstellt hat. Er beauftragt den Steuerberater S, Buchführung und Jahresabschluss zur Vorlage beim Finanzamt zu überprüfen. Soweit er Fehler entdeckt oder Empfehlungen gibt, um verschiedene Bilanzpositionen zu ändern, soll er dies dem Auftraggeber mitteilen, damit die erforderlichen Änderungen durchgeführt werden können.

Die Honorierung für diese Tätigkeiten kann S nach § 36 Abs. 1 StBGebV mit der Zeitgebühr nach § 13 StBGebV abrechnen. Da es sich hierbei um eine qualifizierte Tätigkeit handelt, die entweder der Steuerberater selbst oder ein sehr qualifizierter Mitarbeiter durchführt, kann der Stundensatz nach § 13 StBGebV bis hin zur Höchstgebühr angesetzt werden. Der Ansatz muss aber anhand der Schwierigkeit der Tätigkeit begründet werden können.

Beispiel 2

Das Finanzamt hat den Steuerpflichtigen B im Vorjahr aufgefordert, für das Folgejahr aufgrund verschiedener Mängel im Jahresabschluss bei Abgabe der Steuererklärungen einen von einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer geprüften Jahresabschluss einzureichen. B beauftragt Steuerberater S diese Prüfung durchzuführen.

Die Honorierung für S kann nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 StBGebV erfolgen, weil die Prüfung für steuerliche Zwecke durchzuführen ist. Seine Gebühren kann S zwischen 2/10 und 10/10 einer vollen Gebühr nach Tabelle B unter Zugrundelegung der Gegenstandswerte nach § 35 Abs. 2 StBGeBV bemessen. Soweit er einen Bericht über die Durchführung der Prüfung erstellt, ist diese Tätigkeit mit der Zeitgebühr gemäß § 13 StBGebV zu berechnen. Der Ansatz der richtigen Rahmengebühr nach den genannten Vorschriften richtet sich im Wesentlichen nach der Schwierigkeit, dem Umfang, der Bedeutung der Angelegenheit sowie den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Auftraggebers (§ 11 StBGebV). Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass diese Tätigkeit ebenfalls eine besondere Qualifikation des Bearbeiters erfordert, so dass im Falle einer mittleren Schwierigkeit und eines mittleren Umfangs der Tätigkeiten von einer Mittelgebühr ausgegangen werden kann. Mit Begründung sind selbstverständlich auch höhere Gebühren möglich.

Beispiel 3

Das Kreditinstitut V verlangt von dem Mandanten M für das abgelaufene Wirtschaftsjahr einen Jahresabschluss mit Plausibilitätsbeurteilung. Es führt ausdrücklich in seinem Anforderungsschreiben aus, dass sichergestellt sein muss, dass die als Aktivvermögen ausgewiesenen Positionen zutreffend ermittelt und die Risiken des Unternehmens auf der Passivseite angemessen
berücksichtigt werden. Weiterhin führt es aus, dass die Prüfung von einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer durchzuführen und über die Prüfung ein Bericht zu erstellen ist. Steuerberater S erhält den Auftrag, diese Plausibilitätsbeurteilung durchzuführen. Er orientiert sich an den Vorgaben des HFA 4/1996. S erstellt ein Auftragsannahmeschreiben, in dem er die von ihm zu übernehmenden Aufgaben eindeutig festlegt und seinen Tätigkeitsumfang im Einzelnen beschreibt. Da er selbst die Buchführung und den Jahresabschluss für den Mandnaten erstellt hat, fordert er die für die notwendigen Prüfungshandlungen erforderlichen Unterlagen an und arbeitet den Prüfungsauftrag nach der vom HFA 4/1996 vorgegebenen Fragenliste ab. Zum Schluss lässt er sich eine Vollständigkeitserklärung des Mandanten geben, wonach der Mandant erklärt, dass er alle für den Jahresabschluss relevanten Unterlagen vollständig übergeben hat.

Diese Plausibilitätsbeurteilung ist nicht nach der StBGebV nach § 36 StBGebV abzurechnen, weil nach dieser Vorschrift nur solche Prüfungen abzurechnen sind, die für steuerliche Zwecke erforderlich werden. Hier erfolgt die Prüfung dagegen für außersteuerliche Zwecke. Anlass der Plausibilitätsbeurteilung ist die Kreditgewährung oder Kreditbearbeitung durch das Kreditinstitut, so dass es sich hierbei um eine handelsrechtliche Prüfung handelt. Die Gebühren für diese Tätigkeit kann Steuerberater S mit M unter verschiedenen Gesichtspunkten vereinbaren:

  1. Die Vertragsparteien vereinbaren eine Zeitgebühr mit einem Abrechnungsintervall von 15 Minuten und einer Stundengebühr von z.B. 100 EUR zzgl. Umsatzsteuer.
  2. S und M vereinbaren eine Pauschalgebühr von z.B. 3.500 EUR zzgl. Umsatzsteuer.
  3. Die Vertragsparteien vereinbaren, dass das Honorar für die Durchführung der Plausibilitätsbeurteilung durch den Steuerberater analog § 36 StBGebV abgerechnet wird.
  4. Die Vertragsparteien haben hinsichtlich der Erstellung der Lohnbuchführung, Finanzbuchführung, Jahresabschluss und Steuererklärungen eine Pauschalgebühr nach § 14 StBGebV vereinbart. Die Durchführung der Plausibilitätsbeurteilung wird in den Pauschalvertrag integriert und die vereinbarte Pauschale erhöht sich monatlich um ... EUR.

3. Praxishinweise

Durch eine durchdachte und optimierte Honorarpolitik kann der Steuerberater die Zufriedenheit seiner Mandanten erhalten und ggf. verbessern. Vorrangig ist eine hohe Transparenz und Flexibilität bei der Abrechnung und bei der Vereinbarung der Zahlungsbedingungen. Wichtig ist, dass der von dem Mandanten empfundene Wert der Beratungsleistung berücksichtigt wird und vor allem auch hinsichtlich der zeitlichen Erledigung auf seine Erwartungen eingegangen wird.

Eine wichtige Voraussetzung ist, dass bei Neuerteilung eines Auftrages zur Durchführung einer Plausibilitätsbeurteilung der Umfang der Tätigkeit und die Erfordernisse, wie sie der Empfänger des Jahresabschlusses einschließlich Plausibilitätsbeurteilung erwartet, ausgiebig und umfassend besprochen werden. Weiterhin hilft als vertrauensbildende Maßnahme ein schriftlicher Vertrag, in dem die mündlich getroffenen Vereinbarungen exakt dargestellt werden. So kann z.B. durch eine Plausibilitätsbeurteilung nur eine Überprüfung des Waren- oder Materialbestandes erwartet werden; eine andere Aufgabe ist darin zu sehen, wenn eine umfassende Prüfung des Jahresabschlusses einschließlich der Überprüfung des internen Kontrollsystems (IKS) erwartet wird. Daran knüpft sich auch die Höhe des Honorars an, das ebenfalls mit den Zahlungsmodalitäten, der Möglichkeit von Abschlagsrechnungen oder der Integrierung in einen Pauschalvertrag nach § 14 StBGebV erfasst werden sollte. Zu den Abrechnungsmöglichkeiten - wie oben dargestellt - ergeben sich folgende Anmerkungen:

3.1 Zeitgebühren

Durch die Vereinbarung von Zeitgebühren kann eine hohe Transparenz über die Erledigung des Auftrages gewährleistet werden. Es bietet sich an, einen Zeittakt der Abrechnung von jeweils 15 Minuten zu vereinbaren, damit die Transparenz erhalten bleibt. Weiterhin ist ein angemessener Stundensatz zu vereinbaren, der je nach Schwierigkeitsgrad der Tätigkeit zu bemessen ist. Hierbei ist der Steuerberater nicht an § 13 StBGebV gebunden, sondern es können auch höhere Stundensätze angesetzt werden (... Angabe einer Spanne von Std.sätzen ...). Sehr hoch angesetzte Stundensätze richten sich jedoch an einen besonders vermögenden oder ein hohes Einkommen beziehenden Kreis von Mandanten. Der Stundenpreis kommuniziert somit eine Botschaft, nämlich welche Zielgruppe von Mandanten angesprochen wird.

Eine weitere Möglichkeit der Zeitgebühren besteht darin, Tagessätze zu vereinbaren. Hierbei kann je nach Umfang des Auftrages und der erforderlichen Tätigkeiten auch ein Team-Tagessatz vereinbart werden. Hierbei geht man davon aus, dass teilweise mehr als eine Person parallel an den Arbeiten beteiligt wird, z. B. 8 Stunden für einen qualifizierten Mitarbeiter und 2 Stunden für den Steuerberater. Dies kann man in einem Tagessatz zum Ausdruck bringen ohne einen genauen zeitlichen Nachweis führen zu müssen. Diese Berechnungsform bietet sich bei einer längerfristigen Tätigkeit an.

3.2 Pauschalgebühren

Eine Pauschalgebühr kann darin bestehen, dass ein Festbetrag für die Erledigung der Plausibilitätsbeurteilung vereinbart wird, wobei der Steuerberater darauf achten muss, dass der Umfang der Tätigkeiten angemessen vergütet wird. Es können sich durch auftretende Probleme bei der Bearbeitung leicht Situationen ergeben, bei denen die Pauschalgebühr für den tatsächlichen Aufwand nicht ausreicht. Allerdings ist diese Berechnungsform bei Mandanten sehr gefragt, weil eine konkrete Endsumme und damit ein konkret zu kalkulierender Betrag vereinbart wird. Auch monatliche Pauschalgebühren sind denkbar, wenn der Auftrag längerfristig angelegt ist.

3.3 Wertgebühren

Die Bundessteuerberaterkammer hat in ihrer Textausgabe mit Praktikerteil zur StBGebV 2007 ausgeführt, dass mit der Änderung des § 36 StBGebV durch das Jahresteuergesetz 2007 eine Klarstellung erfolgen sollte. Die nach Bilanzrichtliniengesetz (BiRiLiG), Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) oder Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie-Gesetz (KapCoRiLiG) erforderlichen Plausibilitätsprüfungen und andere Prüfungshandlungen, die im Rahmen der Jahresabschlussaufstellung durchgeführt werden, sind danach nach § 36 Abs. 1 StBGebV abzurechnen. Diese Aussage ist m. E. unzutreffend, weil die StBGebV gemäß § 1 Abs. 1 StBGebV nur für selbstständig ausgeübte Berufstätigkeiten i. S. d. § 33 StBerG anzuwenden ist. Im § 36 StBGebV wird ausdrücklich erwähnt, dass die dort vorgesehenen Revisionstätigkeiten einschließlich Plausibilitätsbeurteilungen für steuerliche Zwecke erfolgen und nur dann danach zu berechnen sind. Plausibilitätsbeurteilungen, die für Kreditinstitute oder andere Institutionen erstellt werden, fallen nicht unter die Tätigkeiten gem. § 33 StBerG, und sind danach auch nicht nach der StBGebV abzurechnen.

Nach den §§ 612, 632 BGB sind Honorare in der üblichen Höhe zu berechnen. Hieraus kann der Schluss gezogen werden, dass auch die Berechnung der Tätigkeiten gem. § 36 StBGebV der Höhe nach als üblich angesehen werden kann, Es ist jedoch darauf zu achten, dass Honorarabrechnungen über Plausibilitätsprüfungen für außersteuerliche Zwecke nur analog zu § 36 StBGebV abzurechnen sind, weil sie eben nicht unter die gesetzlichen Tätigkeiten für Steuerberater fallen. Im Auseinandersetzungsfall mit dem Mandanten kann vor Gericht die Anwendung des § 36 StBGebV ohne Hinweis auf die analoge Anwendung als unzutreffend angesehen werden, so dass zumindest die Einforderbarkeit des Honorars durch das Gericht als nicht gegeben entschieden werden kann.

3.4 Pauschalverträge

Es ist ohne weiteres zulässig, bei Bestehen eines Pauschalvertrags i. S. d. § 14 StBGebV auch vereinbare Tätigkeiten einzubeziehen. Viele Mandanten wünschen und bevorzugen als Gebührengrundlagen Zeit- oder Pauschalabrechnungen. Vor dem Hintergrund der Mandantenbindung sollten Steuerberater den offenen Austausch mit dem Mandanten zu diesem Thema fördern und ggf. suchen. Wenn entsprechende Vereinbarungen für Vorbehaltsaufgaben des Steuerberaters bereits bestehen, bietet es sich an, auch vereinbare Tätigkeiten, soweit sie dauerhaft anfallen, in diese Verträge einzubeziehen. Es erleichtert die Vereinbarungen erheblich, weil der Mandant bereits mit einem Pauschalvertrag Erfahrungen hat. Auch kann die Honorarvereinbarung der Höhe nach sicherlich einfacher erfolgen, im Gegensatz zum Abschluss eines zusätzlichen Vertrages.