Steuererleichterungen in der Krise
Editorial KSI 5/09 197
Gerald Schwamberger, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Göttingen
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
angesichts der anhaltenden Wirtschafts- und Finanzkrise hatte der Bundesrat versucht, verschiedene Entlastungen für Unternehmen und Bürger im Gesetzgebungsverfahren zum jüngst verabschiedeten Bürgerentlastungsgesetz zu erreichen. Unter anderem sollte nach den Wünschen der Ländervertreter in das Körperschaftsteuergesetz eine echte Sanierungsklausel aufgenommen werden. Diese sollte sicherstellen, dass die Verlustvorträge bei allen krisenbedingten Sanierungsfällen erhalten bleiben. Zur Begründung seiner Forderung verweist der Bundesrat darauf, dass sich hierdurch die Suche nach sanierungswilligen Investoren und die Sanierungsbemühungen selbst vereinfachen.
Zum Hintergrund: Mit dem Gesetz zur Unternehmenssteuerreform vom 14.8.2007 (BGBl. I 2007 S. 1912) wurde der neue § 8c KStG vollkommen verändert und verschärft. Die bis dahin unter § 8 Abs. 4 KStG a. F. geführte Vorschrift zum Mantelkauf wurde nunmehr in der neuen Vorschrift so verschärft, dass nicht nur bei Zuführung neuen Vermögens, sondern bereits bei Übertragung von mehr als 25 % und weniger als 50 % der Anteile an einer Gesellschaft dies zum quotalen Wegfall des Verlustnutzungspotenzials führt. Soweit Anteile von mehr als 50 % übertragen werden, fällt das gesamte Verlustnutzungspotenzial fort, so dass die Gesellschaft bisher aufgelaufene Verluste steuerlich nicht mehr mit zukünftigen Gewinnen verrechnen kann. In den ausführlichen Erläuterungen hierzu sprach Korth deshalb in der Ausgabe 6/2007 der KSI vom „Verlust des Verlustabzugs“ (S. 247).
Diese Vorschrift hat über den Beitrag von Korth hinaus in Fachliteratur und Wirtschaft erhebliche Kritik ausgelöst, weil die Sanierung von Unternehmen im Rahmen der Übertragung von Gesellschaftsanteilen, Kapitalerhöhungen oder Umwandlungen damit erkauft wird, dass die bisher angefallenen Verluste zwar handelsrechtlich relevant bleiben, steuerrechtlich jedoch nicht berücksichtigt werden dürfen. Dies bedeutet, dass eine Sanierung durch zukünftige Gewinne erheblich erschwert wird, weil diese der vollen Besteuerung unterliegen, so dass nur der Gewinn nach Steuern zur Verbesserung der Eigenkapitalsituation zur Verfügung steht.
Für die Sanierung von Kapitalgesellschaften, die durch die Wirtschafts- und Finanzkrise zuhauf erhebliche wirtschaftliche Einbrüche hinnehmen mussten und sanierungsbedürftig werden, ist es zu begrüßen, dass in § 8c KStG in der neuen Fassung der Absatz 1a unverändert bleibt. Auf diese Art und Weise können Arbeitsplätze und sanierungsfähige Unternehmen erhalten werden, denn wie die Entwicklung zeigt, sind je nach Branche durchaus gutgeführte Unternehmen ohne eigene Verschuldung in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen. Dies trifft im Wesentlichen Unternehmen, die als Zulieferer der Autoindustrie und exportorientiert arbeiten. Es würde der Volkswirtschaft erheblicher Schaden zugefügt, wenn all diese gut aufgestellten Unternehmen durch kurzfristige, aber heftige wirtschaftliche Einbrüche aus steuerlichen Gründen der Sanierung entzogen würden.
Da heute niemand sagen kann, wie lange die Wirtschafts- und Finanzkrise andauern wird, ist es allerdings nicht zu vertreten, dass das Sanierungsprivileg gem. § 34 Abs. 7c KStG nur für Anteilsübertragungen nach dem 31.12.2007 und vor dem 1.1.2010 angewendet werden kann. Dies bedeutet, dass Sanierungen nur bis zum Ende des laufenden Jahres das Sanierungsprivileg in Anspruch nehmen können. In einer großen Anzahl von Fällen ist dies mit Sicherheit nicht kurzfristig zu realisieren, so dass nach dem 31.12.2009 bei Wegfall des Sanierungsprivilegs die verschärfte Form der steuerlichen Verlustversagung bei Anteilsübertragungen greift.
Sowohl im Interesse unserer Volkswirtschaft als auch im Interesse der betroffenen Wirtschaftsunternehmen in Form der Kapitalgesellschaft ist zu wünschen, dass in der neuen Legislaturperiode ein Umdenken dahingehend erfolgt, dass man sanierungswilligen und sanierungsfähigen Unternehmen die Verlustabzugsbeschränkung nicht versagt, wenn sie den Kollaps des Unternehmens vermeiden wollen. Wir hoffen, dass die Steuergesetzgebung in der Zukunft ein Einsehen hat.
Über die komplizierte Handhabung des § 8c KStG und des Sanierungsprivilegs erfahren Sie Näheres in der nächsten Ausgabe dieser Zeitschrift.
Ihr
KSI-Herausgeber WP/StB
Gerald Schwamberger
Partner der DI-VIS Steuerberatungsgsgesellschaft
sowie Vizepräsident der StBK Niedersachsen