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Steuergesetzlich begründete Sanierungsmöglichkeiten und Sanierungshindernisse

Ein aktueller Streifzug durch das Steuerrecht

Gerald Schwamberger, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Göttingen

Die weltweite Wirtschaftskrise belastet die Unternehmen in Deutschland stark: Vor allem die in erheblichem Umfang gesunkenen Auftragseingänge aus dem In- und Ausland führen dazu, dass auch gut aufgestellte Unternehmen in zunehmende Ertragsschwierigkeiten geraten. Ein wesentlicher Grund hierfür ist, dass sowohl arbeitsrechtliche als auch sonstige vertragliche und rechtliche Grundlagen ein sofortiges Umsteuern in den meisten Fällen nicht möglich machen, so dass viele Unternehmen auf eine baldige Konjunkturbelebung angewiesen sind. Insbesondere die in den letzten Jahren vom Gesetzgeber beschlossenen Normen im Steuerrecht sind als Hindernis für die Sanierung der in Schwierigkeiten geratenen Unternehmen anzusehen, wie der folgende Streifzug durch themenrelevante Steuerbestimmungen veranschaulicht.

1. Steuerrechtliche Sanierungshindernisse im Überblick

Zu nennen sind vor allem die im Rahmen des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 beschlossenen Regelungen

  • zur Zinsschranke (§ 4h EStG, § 8 KStG),
  • zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung (§ 8 Nr. 1 GewStG) und
  • zum Verlustuntergang (§ 8c KStG).

Diese Regelungen erweisen sich nunmehr als Rezessionsbeschleuniger mit z.T. katastrophalen wirtschaftlichen Auswirkungen. So führen sie in vielen Fällen dazu, dass Unternehmen Steuern zahlen müssen, obwohl tatsächlich keine Überschüsse erzielt worden sind. Das der deutschen Steuerrechtsordnung zugrunde liegende Leistungsfähigkeitsprinzip wird dadurch in erheblichem Umfang verletzt. Zugleich wurde das dem EStG und KStG zugrunde liegende Nettoprinzip durch die fiskalisch orientierte Gesetzgebung in wichtigen Bereichen außer Kraft gesetzt. Weitere Neuregelungen wie die Mindestbesteuerung (§ 10d EStG, § 10a GewStG) sowie die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen führen ebenfalls dazu, dass sich bei den betroffenen Unternehmungen die negativen wirtschaftlichen Entwicklungen potenzieren.

An dieser Stelle kann auch darauf hingewiesen werden, dass das ab dem 1.1.2009 geltende neue Erbschaftsteuerrecht mit den Regelungen zur Begünstigung von Betriebsvermögen nach den §§ 13a und 13b ErbStG durch die krisenhafte Entwicklung zu fatalen Steuernachteilen für Erben von Betriebsvermögen führen kann. So ist beispielsweise die erbschaftsteuerliche Begünstigung des Betriebsvermögens daran gekoppelt, dass für einen Zeitraum von sieben bis zehn Jahren und unter einer weitgehenden Zugrundelegung der Lohnsumme der Aufwand für beschäftigtes Personal beibehalten werden muss. Dass viele Unternehmen, die durch Schenkung oder Erbschaft übertragen wurden, diese Vorgabe während eines so langen Zeitraums nicht einhalten können, dürfte angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Situation einleuchtend sein. Folglich werden Unternehmen momentan nicht nur durch die aktuelle Wirtschaftskrise, sondern zusätzlich auch durch die aktuelle Steuergesetzgebung belastet, sodass sich die rezessionsbedingten Entwicklungen durchaus beschleunigen können.

2. Der steuerliche Verlustuntergang gem. § 8c KStG

2.1 Übergang zur neuen Rechtslage

Die bisherige Verlustuntergangsvorschrift war in § 8 Abs. 4 KStG kodifiziert. Diese Vorschrift bestimmte, dass ein Verlustabzug nach § 10d EStG bei einer Körperschaft nur dann möglich war, wenn diese Körperschaft nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust auch erlitten hat. Diese wirtschaftliche Identität sollte insbesondere dann nicht vorliegen, wenn mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen werden und die Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt oder wieder aufnimmt.

Die Zuführung neuen Betriebsvermögens sollte dann unschädlich sein, wenn sie allein der Sanierung des Geschäftsbetriebs dienen sollte, der den verbleibenden Verlustvortrag i. S. des § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG verursacht hat, und die Körperschaft den Geschäftsbetrieb in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortführte.

Durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 ist diese Vorschrift gem. § 34 Abs. 6 Satz 4 KStG ab dem 1.1.2008 weggefallen, dafür wurde jedoch § 8c KStG neu gefasst. Nach dieser Vorschrift liegt ein „schädlicher Beteiligungserwerb“ vor, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 % des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahestehende Personen übertragen werden oder ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt. In diesem Fall sind die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) in entsprechendem prozentualem Anteil nicht mehr abziehbar.

Die nicht genutzten Verluste sind vollständig nicht mehr abziehbar, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte und der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahestehende Personen übertragen werden oder ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt. Als Erwerber sind auch Gruppen von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen zu verstehen. Auch bei einer Kapitalerhöhung sind die gleichen Kriterien anzuwenden, soweit sie zu einer Veränderung der Beteiligungsquoten am Kapital der Körperschaft führen.

2.2 Tatbestand des § 8c KStG

Die Vorschrift des § 8c Abs. 1 Satz 1–3 KStG stellt nur auf den Anteilseignerwechsel ab. Im Gegensatz zur vorherigen Vorschrift des § 8 Abs. 4 KStG kommt es auf die Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens nicht an. So tritt der Verlustuntergang auch dann ein, wenn nicht nur Beteiligungs- oder Mitgliedschaftsrechte übertragen werden. Auch die Übertragung von Stimmrechten allein reicht aus, wenn diese mehr als 25 bzw. 50 % der Gesamtstimmrechte übersteigt.

Wie bereits bei § 8 Abs. 4 KStG liegt auch bei § 8c Abs. 1 KStG ein Verstoß gegen das Trennungs- und das Nettoprinzip vor. Allein die Veränderung der Gesellschafterstruktur reicht aus, um die im Unternehmen der Gesellschaft erzielten Verluste anteilig oder in vollem Umfang nicht mehr bei der Steuerberechnung für die Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer zum Abzug zu bringen. Das bedeutet, dass Vorgänge außerhalb der Gesellschaft Auswirkungen auf die steuerliche Abzugsfähigkeit von bis dahin erlittenen Verlusten in der Gesellschaft ganz oder teilweise haben. So steht diese Vorschrift neben der Mindestbesteuerung gem. § 10d EStG und § 10a GewStG sowie dem Untergang von Verlustvorträgen bei Umwandlungsvorgängen. Beispielsweise vereitelt § 2 Abs. 4 UmwStG die Verrechnung eines Übertragungsgewinns mit verrechenbaren Verlusten.

Nach § 8c Abs. 1 Satz 4 KStG reicht es aus, wenn durch disquotale Kapitalerhöhungen Veränderungen der Beteiligungsquoten von den genannten Prozentsätzen erreicht werden, um anteilig oder in vollem Umfang zu einem Verlustuntergang zu führen. Diese können auch strukturierungsbedingt sein, z. B. bei Übertragungen nach dem Umwandlungssteuergesetz (vgl. § 12 Abs. 2 UmwStG). Übertragungen auf zwischengeschaltete Mitunternehmerschaften einschl. Übertragungen gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen und umgekehrt werden von § 8c Abs. 1 KStG erfasst, so dass diese Vorschrift nicht nur für Kapitalgesellschaften, sondern bei bestimmten Sachverhalten auch auf Mitunternehmerschaften anzuwenden ist.

Um zu vermeiden, dass gewerbesteuerliche Verlustvorträge durch Anteilsübertragung nach § 24 UmwStG auf eine Tochterpersonengesellschaft ausgegliedert werden und damit die Verlustvorträge erhalten bleiben, wurde im Jahressteuergesetz (JStG) 2009 der § 10a GewStG dahingehend ergänzt, dass § 8c KStG auf gewerbesteuerliche Fehlbeträge einer Personengesellschaft anzuwenden ist, soweit diese Verluste einer Körperschaft zuzurechnen sind. Das bedeutet, dass eine Vorschrift des Körperschaftsteuerrechts auch dann bei Personengesellschaften anzuwenden ist, wenn an dieser Personengesellschaft Kapitalgesellschaften beteiligt sind.

Der quotale oder totale Verlustuntergang tritt jeweils im Wirtschaftsjahr des schädlichen Ereignisses ein. Soweit die Übertragung von Beteiligungsrechten in einer Höhe von 25 % und innerhalb von fünf Jahren an einen Erwerber oder ihm nahestehende Personen oder an eine Erwerbergruppe erfolgt, ergibt sich die Rechtsfolge in dem Wirtschaftsjahr, in dem die 25 %-Grenze überschritten wird. Wird die 25 %-Grenze überschritten, nicht jedoch die 50 %-Grenze, können weitere Anteilserwerbe nicht zu einer weiteren quotalen Kürzung des Verlustvortrags nach § 8c Abs. 1 KStG führen. Erst wenn in zeitlicher Abfolge die 50 %-Grenze überschritten wird, tritt in dem Wirtschaftsjahr des Erreichens der 50 %-Grenze innerhalb von fünf Jahren die Kürzung des totalen Verlustvortrags ein.

2.3 Sanierungsklausel

Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Entwicklung weltweit hat der Gesetzgeber offenbar selbst erkannt, dass der quotale oder totale Verlustuntergang bei Unternehmen, die sanierungsfähig sind, eine Sanierung behindern oder sogar unmöglich machen. Sanierungsbemühungen und anschließend erzielte Gewinne werden mit überproportionalen Ertragsteuern belastet, weil Verlustvorträge nicht mehr berücksichtigt werden können. Daraufhin hat der Gesetzgeber im Rahmen des Bürgerentlastungsgesetzes bei § 8c KStG einen Abs. 1a eingefügt, der folgenden Wortlaut hat:

„Für die Anwendung des Abs.1 ist ein Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung des Geschäftsbetriebs der Körperschaft unbeachtlich. Sanierung ist eine Maßnahme, die darauf gerichtet ist, die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu verhindern oder zu beseitigen und zugleich die wesentlichen Betriebsstrukturen zu erhalten.

Die Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen setzt voraus, dass

  1. die Körperschaft eine geschlossene Betriebsvereinbarung mit einer Arbeitsplatzregelung befolgt oder
  2. die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen der Körperschaft innerhalb von fünf Jahren nach dem Beteiligungserwerb 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet; §13a Abs.1 Satz 3 u. 4 und Abs.4 des ErbStG gilt sinngemäß; oder
  3. der Körperschaft durch Einlagen wesentliches Betriebsvermögen zugeführt wird. Eine wesentliche Betriebsvermögenszuführung liegt vor, wenn der Körperschaft innerhalb von zwölf Monaten nach dem Beteiligungserwerb neues Betriebsvermögen zugeführt wird, das mindestens 25 % des in der Steuerbilanz zum Schluss des vorangehenden Wirtschaftsjahrs enthaltenen Aktivvermögens entspricht. Wird nur ein Teil an der Körperschaft erworben, ist nur der entsprechende Anteil des Aktivvermögens zuzuführen. Der Erlass von Verbindlichkeiten durch den Erwerber oder eine diesem nahestehende Person steht der Zuführung neuen Betriebsvermögens gleich, soweit die Verbindlichkeiten werthaltig sind. Leistungen der Kapitalgesellschaft, die zwischen dem 1.1.2009 und dem 31.12.2011 erfolgen, mindern den Wert des zugeführten Betriebsvermögens. Wird dadurch die erforderliche Zuführung nicht mehr erreicht, ist Satz 1 nicht mehr anzuwenden.

Keine Sanierung liegt vor, wenn die Körperschaft ihren Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs im Wesentlichen eingestellt hat oder nach dem Beteiligungserwerb ein Branchenwechsel innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren erfolgt.“

Dieses Sanierungsprivileg mit der Möglichkeit, Verlustvorträge zu nutzen, findet auf Anteilsübertragungen zwischen dem 1.1.2008 und dem 31.12.2009 Anwendung (§ 34 Abs. 7b KStG). Die bestehenden Verlustabzugsrestriktionen sollen ab 2010 grundlegend überarbeitet werden. Hinzu kommen Ausnahmeregelungen, wonach die zur Stabilisierung der Finanzmärkte vom Finanzmarktstabilisierungsfonds bereitgestellten Stützungsmaßnahmen nicht durch die Anwendung der §§ 8c KStG, 10a GewStG konterkariert werden. Hierzu werden die Ausnahmeregelungen auf alle Stützungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Finanzmarktstabilisierung erweitert.

Nach der vorgenannten Vorschrift sind die Verlustabzugsrestriktionen des § 8c Abs. 1 KStG nicht zu beachten, wenn mittelbare oder unmittelbare Erwerbe zum Zwecke der Sanierung folgen. So bleiben Beteiligungserwerbe zur Sanierung auf der Ebene einer Obergesellschaft (Muttergesellschaft) sowie die Verlustvorträge einer Untergesellschaft erhalten. Dies gilt nach der Gesetzesbegründung aber nur dann, wenn die Voraussetzungen der Sanierungsklausel sowohl auf der Ebene der Ober- als auch auf der Ebene der Untergesellschaft vorliegen, wobei Sanierungen insbesondere bei mehrstufigen Konzernen erheblich erschwert werden.

2.4 Wagniskapital

Durch das Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungsgesellschaften vom 12.8.2008 wurde ab dem Veranlagungszeitraum 2008 ein neuer Abs. 2 in § 8c KStG angefügt. In dieser Vorschrift werden Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften i. S. des § 2 Abs. 1 Wagniskapitalbeteiligungsgesetz (WKBG) vom Verlustuntergang befreit, wenn ein unmittelbarer schädlicher Beteiligungserwerb an einer Zielgesellschaft i. S. des § 2 Abs. 3 WKBG vorliegt, soweit er auf stille Reserven des steuerpflichtigen inländischen Betriebsvermögens der Zielgesellschaft entfällt (abziehbarer Verlust).

Weiterhin werden schädliche Beteiligungserwerbe an einer Zielgesellschaft von Erwerbern, die keine Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften sind, vom Verlustuntergang befreit, wenn

  • die Zielgesellschaft bei Erwerb der Beteiligung ein Eigenkapital von nicht mehr als 20 Mio. € aufweist oder
  • die Zielgesellschaft bei Erwerb der Beteiligung ein Eigenkapital von nicht mehr als 100 Mio. € aufweist und die den Betrag von 20 Mio. € übersteigende Erhöhung des Eigenkapitals auf den Jahresüberschüssen der der Veräußerung vorangegangenen vier Geschäftsjahre beruht.

Danach kann der abziehbare Verlust im Jahr des schädlichen Beteiligungserwerbs zu einem Fünftel im Rahmen des Verlustabzugs nach § 10d EStG abgezogen werden, wobei sich dieser Betrag in den folgenden vier Jahren um je ein weiteres Fünftel des nach Satz 1 abziehbaren Verlusts erhöht (diese Vorschrift ist noch nicht in Kraft und unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die EU-Kommission anzusehen).

3. Sanierungsmöglichkeiten

3.1 Vermeidung eines schädlichen Beteiligungserwerbs

Die Sanierung von Kapitalgesellschaften ist durch die Einführung des § 8c KStG in ihren Möglichkeiten erheblich eingeschränkt, auch wenn die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG rückwirkend ab dem 1.1.2008 anzuwenden ist. Es ist davon auszugehen, dass nach Auslaufen dieser Klausel § 8c Abs. 1 KStG weiterhin anzuwenden ist. Für solche Fälle, bei denen die Voraussetzungen des § 8c Abs. 1a KStG nicht erfüllt sind oder von der Finanzverwaltung als nicht erfüllt angesehen werden, greifen die Verlustuntergangsvorschriften in vollem Umfang. Sanierungen können wirtschaftlich sinnvoll und erforderlich sein, auch wenn die Voraussetzungen der vorgenannten Vorschrift nicht erfüllt werden.

3.1.1 Sanierung bei Kapitalerhöhung

Um die Verlustuntergangsvorschrift des § 8c Abs. 1 KStG zu umgehen, sind Kapitalgesellschaften im Wege der Kapitalerhöhung gezwungen, die in der Vorschrift genannten Grenzen nicht zu erfüllen. Dies trifft z. B. zu, wenn die zum Zeitpunkt der Sanierung und Kapitalerhöhung vorhandenen Gesellschafter eine quotale Kapitalerhöhung beschließen und durchführen, die die Beteiligungsverhältnisse zueinander nicht verändert. Bei einer disquotalen Kapitalerhöhung darf die Veränderung der Beteiligungsverhältnisse insgesamt 25 % der bisherigen Beteiligungsverhältnisse nicht übersteigen.

Beispiel 1: Gesellschafter A, B, C, D sind zu je 25 v.H. an einer GmbH beteiligt, die für die Investition eines Gebäudes zusätzliches Eigenkapital benötigt. Die Kapitalerhöhung erfolgt in der Weise, dass die Beteiligungsverhältnisse nach der Kapitalerhöhung so aussehen, dass A, B und C mit je 30 v.H und D mit 10 v.H. am Stammkapital der GmbH beteiligt sind.

Ergebnis: Diese Kapitalerhöhung fällt nicht unter § 8c Abs. 1 KStG, so dass bisher aufgelaufene Verluste weiterhin berücksichtigt und vorgetragen werden können, weil die Grenze von 25 % Veränderung des gezeichneten Kapitals nicht überschritten wurde. Es handelt sich um einen unmittelbaren Beteiligungserwerb.

Beispiel 2: Die Publikums-AG wird an der Börse gehandelt und erhöht ihr Grundkapital um 30 %. Die neuen Aktien werden den Aktionären angeboten, wobei sich 90 v.H. der Aktien im Streubesitz befinden. Die in der fünften Stufe unterhalb der AG angesiedelte GmbH hat in den letzten drei Jahren Verluste erlitten, so dass sich die Verlustvorträge auf insgesamt fünf Mio. € addieren.

Ergebnis: Da davon ausgegangen werden kann, dass bei einer Publikumsgesellschaft die im Streubesitz befindlichen Aktien innerhalb von fünf Jahren nach der Kapitalerhöhung den Besitzer wechseln, ist es wahrscheinlich, dass die Grenze von 25 % des § 8c Abs. 1 KStG in relativ kurzer Zeit überschritten wird. Rechnerisch können insgesamt von 27 v.H. – nämlich 90 % der Kapitalerhöhung von 30 % des Stammkapitals – Veränderung der Mitgliedschafts-, Beteiligungs- und Stimmrecht ausgegangen werden. Für die in der fünften Stufe angesiedelte GmbH bedeutet dies, dass eine mittelbare Veränderung der Beteiligungen stattgefunden hat und damit § 8c Abs. 1 KStG anzuwenden ist. Zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs (Zeitpunkt der Kapitalerhöhung) werden 27 v.H. des Verlustvortrags von 5 Mio. € (1,35 Mio. € des Verlustvortrags für die Körperschaftsteuerberechnung der GmbH) nicht mehr zum Abzug zugelassen.

Beispiel 3: Die Gesellschafter A, B, C sind zu je 33,3 v.H. am Stammkapital ihrer GmbH beteiligt. Sie wollen zur Kapitalerhöhung einen vierten Gesellschafter aufnehmen, bei gleichzeitiger Erhöhung des Stammkapitals. Das Stammkapital wird von 60.000 € auf 200.000 € erhöht. Die drei vorhandenen Gesellschafter erhöhen ihre Stammeinlage von jeweils 20.000 € auf 50.000 €; der neu hinzugekommene Gesellschafter übernimmt 50.000 €.

Zwischenergebnis: Es handelt sich um einen unschädlichen Beteiligungserwerb, weil der neu hinzugetretene Gesellschafter 25 % des gezeichneten Kapitals übernommen hat.

Annahme: Nach einem Jahr muss aufgrund geplanter Investitionen eine weitere Kapitalerhöhung vorgenommen werden, wobei Gesellschafter A aus persönlichen Gründen nicht dazu in der Lage ist, seinen Anteil auf 100.000 € aufzustocken. Die übrigen Gesellschafter stocken ihre Anteile entsprechend auf und übernehmen den Erhöhungsanteil des Gesellschafters A. Es ergeben sich danach die folgenden Beteiligungsverhältnisse:
  • A – 50.000 € = 12,50 %;
  • B – 100.000 € = 25,00 %;
  • C – 125.000 € = 31,25 %;
  • D – 125.000 € = 31,25 %.

Zwischenergebnis: Durch die zweite Kapitalerhöhung ist aus dem zunächst unschädlichen Beteiligungserwerb des Vorjahres ein schädlicher Beteiligungserwerb geworden, weil Gesellschafter D innerhalb von fünf Jahren einen Beteiligungserwerb von nunmehr 31,25 v.H. am gezeichneten Kapital erworben hat.

Es handelt sich um einen unmittelbaren Beteiligungserwerb, der auch durch die Kapitalerhöhung nach einem Jahr als solcher zu beurteilen ist. Die Restriktion des § 8c Abs. 1 KStG beginnt mit dem Zeitpunkt der zweiten Kapitalerhöhung, bei der die Beteiligungsquote von 25 % am gezeichneten Kapital überschritten wird. Von diesem Zeitpunkt an beginnt eine neue 5-Jahres-Frist. Bei der Ermittlung der nicht genutzten Verluste, die im Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs vorhanden sind, sind bei unterjährigem Anteilseignerwechsel oder Kapitalerhöhung auch die bis zu diesem Tag erwirtschafteten negativen Einkünfte eines Wirtschaftsjahrs einzubeziehen. Dies könnte zu nicht unerheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten und Ermittlungsproblemen führen, wenn Verluste bis zur Kapitalerhöhung erzielt wurden und in der Folgezeit ggf. ein positives Ergebnis erwirtschaftet wird.

Annahme: Der Gesellschafter D der GmbH erhöht nach zwei weiteren Jahren seine Beteiligung auf insgesamt 50 v.H.

Ergebnis: Diese Kapitalerhöhung löst keinen weiteren Verlustuntergang aus, weil sie zwar innerhalb des 5-Jahres-Zeitraums erfolgte, aber die Grenze von 25 % bereits bei der vorherigen Kapitalerhöhung überschritten wurde und die zweite Grenze, nämlich 50 % des gezeichneten Kapitals, nicht überschritten wird.

Die genannten Beispiele zeigen, dass Kapitalgesellschaften, die Verluste erwirtschaftet haben und die die Verlustvorträge in der Zukunft mit erwirtschafteten positiven Ergebnissen steuerlich verrechnen möchten, bei ihren Gestaltungen hinsichtlich des gezeichneten Kapitals erheblich eingeschränkt sind. Da dies auch für mittelbare Beteiligungen gilt, ist festzustellen, dass auch die betroffene GmbH, die als „Untergesellschaft“ im Rahmen einer Konzernstruktur keinerlei Veränderung der Gesellschaftsbeteiligungen zu verzeichnen hatte, trotzdem vom Verlustuntergang sowohl quotal als auch total betroffen sein kann.

3.1.2 Sonstige Vermeidungsstrategien

Es gibt viele wirtschaftliche Zwänge und Gründe, weshalb Kapitalgesellschaften zusätzliches Kapital benötigen, ohne dass die Sanierung des Unternehmens erforderlich ist. Da je nach Eigenkapitalausstattung des Unternehmens die Erhöhung des gezeichneten Kapitals u. U. erheblich eingeschränkt ist, um nicht Verlustuntergangsgrenzen zu überschreiten, bieten sich andere Möglichkeiten an, um den Kapitalbedarf zu decken und ggf. eigenkapitalähnliche Passiva zu bilden.

Da die Kreditbeschaffung für die Wirtschaft über Bankdarlehen angesichts der zunehmenden Risikovorsorge der Banken zunehmend schwieriger wird, bieten sich weitere Möglichkeiten an, den Kredit- bzw. Finanzierungsbedarf anderweitig zu decken. So schreibt die FAZ in ihrer Ausgabe am 19.9.2009, dass Großunternehmen die Refinanzierung über Anleihen vollziehen, die i. d. R. ein Mindestvolumen von mehr als 100 Mio. € haben. Verschiedene Industrieanleihen von börsennotierten Unternehmen wurden in der jüngeren Vergangenheit überzeichnet.

Doch auch im deutschen Mittelstand wird verstärkt auf kapitalmarktähnliche Instrumente zurückgegriffen. Deutsche Unternehmen haben in diesem Jahr rund 12 Mrd.€ an Schuldscheinen ausgegeben. Diese Fakten sind erfreulich zur Kenntnis zu nehmen, denn eine Wirtschaft, die in der Phase einer steigenden konjunkturellen Entwicklung erheblichen Investitionsbedarf haben dürfte, darf nicht durch fehlende Finanzierungsmöglichkeiten begrenzt werden.

Vorgenannte Finanzierungsmöglichkeiten sind selbstverständlich keine Maßnahmen, die steuerliche Verlustuntergangskriterien berühren. Es handelt sich hierbei letztendlich um Fremdkredite, bei denen allerdings im Einzelfall Zinsabzugsbeschränkungen i. S. des § 4h EStG zum Zuge kommen können.

Für den Mittelstand, insbesondere für kleinere Unternehmen, bieten sich weitere Möglichkeiten in Form der stillen Gesellschaft bzw. atypisch stillen Gesellschaft an, bei denen Investoren an der Entwicklung des Unternehmens teilhaben können und je nach Ausgestaltung der Verträge auch bestimmte Mitspracherechte erhalten, die Voraussetzungen des § 8c Abs. 1 KStG jedoch nicht erfüllt werden.

Als weitere Möglichkeit zur Vermeidung der Verlustuntergangskriterien bietet sich der Reverse Debt-Equity-Swap an. Bei diesem Finanzinstrument kommt es wie beim klassischen Debt-Equity-Swap zu einer Vereinigung der Forderungen und Verbindlichkeiten in einer Zwischengesellschaft und damit zu einem Erlöschen dieser Forderungen und Verbindlichkeiten im Wege der Konfusion, ohne dass die Beteiligungsverhältnisse am Schuldnerunternehmen verändert werden.

3.2 Sanierungsprivileg

3.2.1 Zahlungsfähigkeit

Durch den neu eingefügten Abs. 1a in § 8c KStG sollen Kapitalgesellschaften, die sanierungsfähig sind und einer Sanierung bedürfen, nicht durch die Verlustuntergangsvorschrift des § 8c Abs. 1 KStG behindert werden. Allerdings sind in dieser Vorschrift erhebliche Einschränkungen vorgenommen worden, deren Auflagen die Sanierungsvorhaben erheblich behindern. In der Vorschrift wird die Sanierung als eine Maßnahme beschrieben, die darauf gerichtet ist, die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu verhindern oder zu beseitigen.

Nach § 17 Abs. 2 InsO liegt eine Zahlungsunfähigkeit vor,

  • wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat oder
  • wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.

Diese magere Beschreibung der InsO lässt erhebliche Auslegungsmöglichkeiten zu. Eine korrekte Anwendung dieser Vorschrift ist nicht möglich, ohne die bisher ergangene Rechtsprechung des BGH zur Zahlungsunfähigkeit heranzuziehen. Es sei darauf hingewiesen, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit gem. § 18 InsO in § 8c Abs. 1a KStG keine Rolle spielt.

In seinem Urteil vom 24.5.2005 hat der BGH handhabbare Kriterien für die Abgrenzung der Zahlungsunfähigkeit von der Zahlungsstockung entwickelt. In diesem Urteil werden die Merkmale der Dauer und der Wesentlichkeit als unverzichtbar angesehen und um ein weiteres Merkmal der Zumutbarkeit erweitert. Danach ist eine nur kurzfristige Illiquidität lediglich eine Zahlungsstockung und keine Zahlungsunfähigkeit. Auch Liquiditätslücken bis zu drei Wochen und Liquiditätslücken mit einer Unterdeckung von 10 % und weniger führen zu Zahlungsstockungen und nicht zur Zahlungsunfähigkeit.

Die Zahlungsunfähigkeit ist immer als Geldilliquidität zu verstehen, jedoch sind in Unternehmen auch die Möglichkeiten der kurzfristigen Beschaffung von Liquidität, z. B. durch Verkauf von Anlage- und Umlaufvermögen, Realisierung von Forderungen usw., zu beachten. Alles in allem ein nicht einfacher Beurteilungsprozess, dem sich auch die Finanzverwaltung bei der Beurteilung, ob Maßnahmen der Kapitalerhöhung oder -zuführung als Sanierung i. S. des § 8c Abs. 1a KStG anzusehen sind, zu unterwerfen hat.

Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist der Nachweis der Verhinderung einer Zahlungsunfähigkeit schwer zu führen, weil bereits die Definition der Zahlungsunfähigkeit sehr problematisch ist. Die Verhinderung einer Zahlungsunfähigkeit muss also zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu dem eine Zahlungsunfähigkeit noch nicht vorliegt, der Finanzverwaltung gegenüber jedoch nachgewiesen werden kann, dass sie eintreten könnte. Ein Zuwarten mit Sanierungsmaßnahmen, bis die Zahlungsunfähigkeit nachweisbar eingetreten ist, kann zumindest betriebswirtschaftlich nicht als sinnvoll angesehen werden, weil dann der Untergang des Unternehmens kaum noch vermieden werden kann. Dies bedeutet, dass die Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit erst nach Eintritt dieser erfolgen kann und nach der Rechtsprechung des BGH innerhalb von drei Wochen nach Eintritt erfolgen muss. Auch diese Sanierungsmaßnahme erscheint kaum durchführbar.

3.2.2 Überschuldung

Im Rahmen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes (FMStG) wurde § 19 Abs. 2 InsO neu gefasst. Er lautet nunmehr:

„Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gem. § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1–5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen.“

Diese Vorschrift wurde jedoch nur begrenzt, nämlich bis zum 31.12.2010 in dieser Form verfasst. Die Frist wurde durch das Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen auf den 31.12.2013 verlängert. Ab dem 1.1.2014 ist Abs. 2 des § 19 InsO so gefasst, dass eine Überschuldung dann vorliegt, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Bei der Bewertung des Vermögens des Schuldners ist von der Fortführung des Unternehmens auszugehen, wenn diese nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Dies bedeutet, dass aufgrund der eingetretenen Wirtschaftskrise insolvenzgefährdete Unternehmen bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen keinen Insolvenzantrag stellen müssen.

Die durch das FMStG geänderte Vorschrift des § 19 Abs. 2 InsO deutet an, dass die Überprüfung der Überschuldung einer Kapitalgesellschaft in zweistufiger Form zu erfolgen hat. Zunächst ist zu überprüfen, ob das Aktivvermögen der Gesellschaft die vorhandenen Verbindlichkeiten deckt. Es ist gängige Praxis und Grundlage der Rechtsprechung, dass bei dieser Überprüfung nicht die Handelsbilanz Grundlage ist, sondern bei der Überprüfung der Aktivseite die tatsächlichen Werte des Aktivvermögens unter Going-Concern-Gesichtspunkten anzusetzen sind. Dies bedeutet einerseits, dass nicht Liquidations- oder Zerschlagungswerte anzusetzen sind, sondern eine Bewertung der Aktivwerte unter dem Gesichtspunkt der Fortführung des Unternehmens zu erfolgen hat. Anderseits hat diese Regelung zur Folge, dass abweichend von der Handelsbilanz stille Reserven im Anlage- und Umlaufvermögen aufzudecken sind. Bewertungsgrundsätze des § 253 HGB sind nicht zu beachten.

Auf der Passivseite sind bei Aufstellung einer Überschuldungsbilanz das Eigenkapital, steuerliche Rücklagen und Darlehen, bei denen ein Rangrücktritt erklärt wurde, nicht anzusetzen. Verbindlichkeiten gegenüber Dritten (z. B. Banken), die von Gesellschaftern gesichert wurden, sind aufzulösen. Weiterhin sind alle Verbindlichkeiten mit dem Nominalwert, Rückstellungen mit dem tatsächlichen Wert der Inanspruchnahme und Pensionsrückstellungen mit dem Barwert zu bewerten.

In der Regierungsbegründung zur Insolvenzordnung war der Überschuldungsbegriff wie folgt definiert: „Die Feststellung, ob Überschuldung vorliegt oder nicht, kann ... stets nur auf der Grundlage einer Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden getroffen werden.“ Zur Aktivbewertung: „Betreibt der Schuldner ein Unternehmen, so dürfen nur dann Fortführungswerte angesetzt werden, wenn die Fortführung des Unternehmens beabsichtigt ist und das Unternehmen wirtschaftlich lebensfähig erscheint ...“

Nach den Ausführungen des Rechtsausschusses ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass bei einer positiven Prognose für die Fortführung des Unternehmens eine Überschuldung vorliegt. Allerdings seien in diesem Fall Fortführungswerte anzusetzen. Diese Meinung des Rechtsausschusses entspricht jedoch nicht der Rechtsprechung des BGH.

Nach einer wörtlichen Auslegung des § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO liegt eine Überschuldung bei positiver Fortführungsprognose nicht vor, so dass insoweit die Sanierungsklausel Anwendung findet. In dieser rechtlichen Beurteilung sind jedoch verschiedene Probleme enthalten, die insbesondere die Organe von Kapitalgesellschaften beachten müssen.

Eine Fortführungsprognose ist eine betriebswirtschaftliche Ertrags-, Liquiditäts- und Vermögensprognose für zukünftige Perioden, die bestimmte Prämissen zugrunde legt, die nicht überprüfbar sind. So ist sowohl die Umsatzentwicklung als auch insbesondere die Ertragsentwicklung eines Unternehmens für zukünftige Perioden immer mit Ungewissheit behaftet, so dass i. d. R. erhebliche Unsicherheiten in den Ergebnissen der Fortführungsprognose enthalten sind. Der BGH selbst führt in seinem zuletzt zitierten Urteil aus: „Wenn eine positive Prognose stets zu einer Verneinung der Überschuldung führen würde, könnte eine Gesellschaft trotz fehlender persönlicher Haftung weiterwirtschaften, ohne dass ein die Schulden deckendes Kapital zur Verfügung steht. Dies würde sich erheblich zum Nachteil der Gläubiger auswirken, wenn sich die Prognose als falsch erweist.“

Da in der gesetzlichen Vorschrift jedoch die Fortbestehensprognose eine ansonsten vorliegende Überschuldung aufhebt und damit die Insolvenzpflicht der Organe der Körperschaft nicht verpflichtet, Insolvenzantrag zu stellen, hat dies eine Qualität, die bisher im Insolvenzrecht so nicht vorlag.

§ 8c Abs. 1a KStG ist nur dann anzuwenden, wenn Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung verhindert oder beseitigt wird. Diese Beurteilung ist, wie oben beschrieben, bereits sehr problematisch. Eine Beseitigung von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ist als nahezu unmöglich anzusehen, weil Sanierungsmaßnahmen nach Eintritt dieser Voraussetzungen innerhalb von drei Wochen erfolgen müssten.

Weitere Voraussetzungen für die Anwendung der Sanierungsklausel sind, dass die wesentlichen Betriebsstrukturen der Gesellschaft erhalten bleiben. Hierunter versteht der Gesetzgeber,

  • dass die Körperschaft eine geschlossene Betriebsvereinbarung mit einer Arbeitsplatzregelung befolgen muss,
  • dass innerhalb von fünf Jahren nach dem Beteiligungserwerb 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschritten werden dürfen und 
  • dass der Körperschaft durch Einlagen wesentliches Betriebsvermögen zugeführt werden muss.

Unter wesentlicher Betriebsvermögenszuführung versteht der Gesetzgeber mindestens 25 % des in der Steuerbilanz zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres enthaltenen Aktivvermögens. Bei Erwerb nur eines Teils an der Körperschaft ist nur der entsprechende Anteil des Aktivvermögens zuzuführen. Auch der Erlass von Verbindlichkeiten ist als Zuführung neuen Betriebsvermögens anzusehen.

Diese genannten Restriktionen behindern eine Sanierung in erheblichem Umfang. So ist die Kostensenkung im Personalbereich in der Regel ein wesentlicher Punkt einer Sanierung, weil bei fehlenden Aufträgen selbstverständlich Personal abgebaut werden muss. Die Voraussetzung zur Anwendung der Sanierungsklausel, dass fünf Jahre nach dem Beteiligungserwerb 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschritten werden dürfen, wie dies in § 13a Abs. 1 Satz 3 u. 4 und Abs. 4 ErbStG definiert ist, ist zumindest bei lohnintensiven Unternehmen kaum einzuhalten. Auch die damit verbundenen Arbeitsplatzregelungen können häufig nicht zugesagt werden, um eine Sanierung nicht zu verhindern. Auch wesentliche Betriebsstrukturen sind nicht immer aufrechtzuerhalten, weil insbesondere bei einer Neustrukturierung im Rahmen einer Sanierung auch vorhandene Betriebsstrukturen geändert und ggf. verschlankt werden müssen.

4. Fazit

Es bleibt festzuhalten, dass die insbesondere in § 8c Abs. 1 KStG normierten Verlustuntergangsvorschriften eine erhebliche Behinderung der Wirtschaft – insbesondere im Rahmen der Wirtschaftskrise, aber auch in wirtschaftlich normalen Zeiten – bewirken. Die Kapitalgesellschaft, die zur Fortführung ihres Unternehmens einer Sanierung bedarf, würde bei Kapitalerhöhungen neben den sich aus der Sanierung ergebenden erheblichen Einschränkungen weitere steuerliche Nachteile in Kauf nehmen müssen, wenn die Grenzen des § 8c Abs. 1 KStG überschritten werden.

Bei einem totalen oder quotalen Verlustuntergang sind zukünftige Gewinne in vollem Umfang zu versteuern, ohne dass die vor dem Beteiligungserwerb entstandenen Verluste sowohl bei der Körperschaftsteuer als auch bei der Gewerbesteuer berücksichtigt werden können. Dies bedeutet, dass die erwirtschafteten Gewinne nach Abzug der Ertragsteuern erst nach Verrechnung mit den Verlustvorträgen für die Ausschüttungen an die Gesellschafter zur Verfügung stehen. Unter diesem Gesichtspunkt könnte mancher potenzielle Investor vor einem Beteiligungserwerb zurückschrecken, weil eine Verzinsung seines eingesetzten Kapitals auf längere Zeit nicht erfolgen kann.

Insbesondere die mittelständische Wirtschaft ist hier gefordert, entsprechende Wege zu finden und den Kapitalbedarf so zu gestalten, dass die Grenzen des § 8c Abs. 1 KStG nicht überschritten werden. So können Gesellschafterdarlehen statt Kapitalerhöhung oder Zuführung von Kapital durch eine atypisch stille Gesellschaft ein Ausweg sein. Aber auch bei Verschmelzung von Unternehmen ist der Verlustuntergang zu berücksichtigen. Entsprechende Maßnahmen und Gestaltungen sind anzuwenden, um den Verlustuntergang zu vermeiden.

Die Sanierungsklausel gem. § 8c Abs. 1a KStG kann in vielen Fällen eine Hilfe für Unternehmen sein, die durch die Wirtschaftskrise in Schwierigkeiten geraten sind. Allerdings sind die Voraussetzungen sehr eng, so dass zu befürchten ist, dass in vielen Fällen eine Sanierung im Sinne dieser Vorschrift unmöglich ist. Weiterhin ist die Anwendung dieser Vorschrift durch die Finanzverwaltung – also die Frage, ob Beteiligungserwerb zur Sanierung anerkannt wird – noch offen. Die Probleme der Beurteilung, wann Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegt oder vorliegen könnte, sind auslegungsfähig, so dass sich im Einzelfall anbietet, bei geplanter Sanierung einer Körperschaft vorher eine verbindliche Auskunft vom zuständigen Finanzamt einzuholen.

Insgesamt sind die aufgezeigten Vorschriften für die Wirtschaft unbefriedigend und für wirtschaftliche Entscheidungen hemmend, weil steuerliche Belastungen eintreten können, die Unternehmen, die sich in Schwierigkeiten befinden, zusätzlich belasten.